ZukunftswerkstattDie Methode Zukunftswerkstatt wurde von Jungk/Müllert (1985) entwickelt, sie fand in der Umwelt- und Friedensbewegung eine weite Verbreitung (als Online-Ressource siehe Stiftung Mitarbeit o.J.). In der nachfolgenden Darstellung der Methode orientiere ich mich an eigenen Erfahrungen beim Einsatz der Methode in Schulen, die auf der Darstellung von Jungk/Müllert aufbauen.
ZieleMit einer Zukunftswerkstatt sollen konkrete Entscheidungen und konkretes Handeln partizipativ vorbereitet werden. Die Interessen der Betroffenen sollen mit einfließen, ihr Wissen und ihr Engagement sollen als Ressource für notwendige Veränderungen gewonnen werden. Ein passendes Fallbeispiel könnte sein, dass eine Schule ihr Schulgelände umgestalten will und dass dabei die Lehrer, Eltern und Schüler mit einbezogen werden sollen. TeilnehmerAn einer Zukunftswerkstatt sollten Menschen teilnehmen, die von den Entscheidungen bzw. dem Handeln betroffen sind bzw. die die Verantwortung dafür tragen. Gruppengrößen von ca. 20 Teilnehmern sind ideal. Bei größeren Gruppen muss die Methode angepasst oder auf eine Teilmenge der Betroffenen begrenzt werden. Auch für jüngere Teilnehmer kann die Methode adaptiert werden; schon Kinder können z.B. mit Zeichnungen oder dem Bau von Modellen ihre Vorstellungen von ihrem Schulgelände zum Ausdruck bringen. Zudem wird ein Moderator benötigt, der die Werkstatt leitet; er (oder sie) sollte möglichst neutral (nicht in die zu verhandelnden Fragen und Probleme involviert) und neugierig (an den Fragen interessiert) sein. Der Moderator steuert den Diskussionsprozess, stellt Fragen, gibt aber nicht die Antworten. Er achtet darauf, dass die Teilnehmer wichtige Fragen konsequent zu Ende denken und sich nicht verzetteln. Er achtet darauf, dass die „Spielregeln“ und der Zeitplan eingehalten werden. VoraussetzungenEine grundlegende Voraussetzung ist, dass die Teilnehmenden innerhalb der gewählten Themenstellung überhaupt Gestaltungsspielraum haben. Es wäre vermutlich weniger sinnvoll, wenn Sie mit Ihrer Schulklasse eine Zukunftswerkstatt zur Lösung der Konflikte in Nah- und Mittel-Ost veranstalten würden – so nahe diese Ihnen auch eventuell gehen und so sehr Sie auch (z.B. über den Ölpreis) mit betroffen sind. Allerdings ist es eine Stärke der Methode, dass sie das Potenzial hat, Gestaltungsspielräume zu erweitern: Im Falle der Schulgeländegestaltung könnte man zunächst davon ausgehen, dass alleine der Schulträger zuständig ist, dass dieser kein Geld hat und somit keine Spielräume bestehen. Bei genauerer Betrachtung könnte sich dann herausstellen, dass es eine Vielzahl von Ideen gibt, die (fast) ohne Kosten umgesetzt werden können oder dass es über den Schulförderverein möglich ist, Fördermittel, Sach- und Zeitspenden oder Sponsorengelder einzuwerben und dass schließlich die Teilentsiegelung des Geländes zu erheblichen Kosteneinsparungen führt, weil dann die Gebühr für die Einleitung des Regenwassers in die öffentliche Kanalisation entfällt. Alle Teilnehmer sind in der Werkstatt gleichberechtigt, unabhängig von Position, Qualifikation und Alter. Jeder Teilnehmer ist auf seine Weise Experte für die zu verhandelnden Fragen. Zudem ist diese Grundhaltung die Basis dafür, dass auch eher zurückhaltende Menschen den Mut finden, ihre Gedanken einzubringen. Entsprechend fair und konstruktiv sollte diskutiert werden. Erforderlich sind weiterhin: ein ausreichend großer Raum mit beweglichem Mobiliar (ggf. auch zwei oder drei Räume, für Kleingruppenarbeit) sowie Moderationsmaterialien wie Stellwände, Packpapier, Kärtchen und Stifte. Für eine Zukunftswerkstatt sollten ein bis zwei Tage eingeplant werden. AblaufEine Zukunftswerkstatt ist ein strukturierter Diskussionsprozess, der im Wesentlichen drei Phasen umfasst:
Anschließend wird der Moderator die Ergebnisse in einem Bericht zusammenfassen und somit die Umsetzung möglichst optimal vorbereiten. Während der drei Phasen werden Gedanken und Ergebnisse für alle sichtbar festgehalten, z.B. mit schriftlich auf Moderationskärtchen und Pinnwänden, mit Zeichnungen, Modellen oder Fotos. Dadurch können alle Teilnehmer nachvollziehen, welchen Weg sie bereits beschritten haben. Sie können es vermeiden, dass sie wichtige Gedanken unterwegs fallen lassen. Und sie schaffen für die Auswertungen eine ideale Arbeitsgrundlage. Es ist wichtig, klar zu strukturieren; die einzelnen Phasen müssen nacheinander abgearbeitet werden. Dafür muss jede Phase zu ihrer Zeit wirklich zu Ende gebracht werden. Der Prozess gerät durcheinander, wenn die Gruppe anfängt, die Ergebnisse früherer Phasen zu überarbeiten. Zudem sollte darauf geachtet werden, dass die Gruppe wirklich konkret wird. Sie kann nicht jedes Detail festlegen, sie sollte aber klar und verbindlich erarbeiten, wer nachfolgend welche Aufgaben übernimmt. Für die Realisierungsphase muss daher genügend Zeit eingeplant werden. Potenzial für die PartizipationDie Zukunftswerkstatt kann überall dort eingesetzt werden, wo Betroffene zu Mitwirkenden gemacht werden sollen und wo gesellschaftlich relevante Praxis konkret vorbereitet werden soll. Beer (2003) beschreibt z.B. eine jugendpolitische Zukunftswerkstatt „Kids im Kietz“. Semmelmann (2003) hat die Methode angewendet, um Perspektiven für ein vom Auslaufen bedrohtes Agendprojekt zu schaffen. Potenzial für die BNEDie Methode ist hervorragend dafür geeignet, Teilnehmer zu aktivieren, ihre Kreativität anzusprechen und sie zur Mitgestaltung zu motivieren. Sie fordert vielfältige Kompetenzen heraus, die im Rahmen der BNE eine Rolle spielen, so z.B. ein zukunftsgerichtetes Denken, Planungskompetenz, Kooperation und Teamfähigkeit. Wenn es gelingt, Ergebnisse einer Zukunftswerkstatt sichtbar in die Praxis umzusetzen, dann haben die Teilnehmer eine gute Erfahrung mit Partizipation gemacht. Die Methode kann dafür genutzt werden, dass sich Bildungseinrichtungen in Richtung Nachhaltigkeit weiterentwickeln.
Der Arbeitsbereich "Agenda 21 und Bildung für nachhaltige Entwicklung" auf umweltschulen.de entstand 2006-2014 in Kooperation mit dem Fernstudiengang Umwelt&Bildung der Universität Rostock; dem heutigen Fernstudiengang Bildung und Nachhaltigkeit. |