Geschwister-Scholl-Gymnasium: Erziehung zur Nachhaltigkeit
Grußworte
Ute Schäfer, Ministerin für Schule, Jugend und Kinder des
Landes Nordrhein-Westfalen
Mit der Vervielfachung des Wissens und des technisch Machbaren haben
sich große Chancen ergeben, aber es haben sich auch die Gefahren
vermehrt, Falsches zu tun und sich schuldig zu machen. Es hat lange gebraucht
bis zu der Erkenntnis, dass zum Beispiel eine Produktion oder Produkte
auf Dauer ökonomisch nur vernünftig sein können, wenn
sie ökologisch verantwortbar
sind. Hinter diese Erkenntnis dürfen wir nicht zurückfallen.
Der Physik-Nobelpreisträger Max Born hat das einmal so formuliert:
Der Verstand unterscheidet zwischen möglich und unmöglich,
die Vernunft zwischen sinnvoll und sinnlos. Dem Menschen wäre geholfen,
wenn seine Vernunft ihn dazu brächte, das Mögliche zu unterlassen,
wenn es sinnlos ist, aber das Unmögliche zu versuchen, wenn sein
Sinn darin besteht, die Würde und Unabhängigkeit des Menschen
zu begründen.
Fortschritt muss also menschliches Maß wahren. Es gilt, bei allem
wissenschaftlichen Streben und bei allem technologischen
Fortschritt die alte Mahnung zu beachten: „et respice finem“.
Man könnte auch von "Technikfolgenabschätzung" sprechen,
von „ethischen Grenzen wissenschaftlichen Handelns“ oder
eben von „Nachhaltigkeit“.
Nachhaltigkeit bedeutet aber auch Partizipation und soziale Gerechtigkeit,
Vertrauen, Verlässlichkeit und Verantwortung sich selbst und anderen
gegenüber. Nachhaltigkeit setzt so einen Gegenpol zu den kurzlebigen
Momenten unserer gesellschaftlichen
Wirklichkeit, die, meist konsum- und profitorientiert, langfristige Ziele
und Verantwortlichkeiten des Menschen außer Acht lassen.
Gerade hier setzt das Projekt der „Erziehung zur Nachhaltigkeit“ am
Geschwister-Scholl-Gymnasium an. Es versucht, die Schülerinnen und
Schüler für Wahrnehmungen und Gestaltungsmöglichkeiten
ihres engeren und weiteren Lebensumfeldes
zu sensibilisieren. In einer Schule, die zum Lern- und Lebensraum wird
und damit mehr ist als nur Ort der Wissensvermittlung, können sie
miteinander lernen, für sich selbst, für andere und für
ihre Umwelt Verantwortung zu übernehmen.
Ich danke allen, die an dieser beeindruckenden Initiative planend und
gestaltend mitwirken, für ihren beispielhaften Einsatz und wünsche
ihnen nachhaltigen Erfolg.
Ute Schäfer
Joachim Erwin, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Düsseldorf
Nachhaltigkeit - dieser Begriff leitet sich laut Herkunftswörterbuch
von dem Substantiv „Nach-halt“ ab und das wiederum ist etwas,
das man für Notzeiten zurückbehält. Im modernen Ge-brauch
dieses Wortes bedeutet es aber viel mehr als das. Es bedeutet, dass wir
nicht nur an die eigene Lebensspanne, sondern viel langfristiger denken
und so schonend wie möglich mit den vorhandenen Ressourcen umgehen,
damit wir nicht zu Lasten nachfolgender Generationen
aus dem Vollen schöpfen. Das Geschwister-Scholl-Gymnasium geht in
Bezug auf die Nachhaltigkeit schon seit langem mit gutem Beispiel voran.
Das reicht vom Eine-Welt-Projekt, dem Schulgarten, Projekten zu den Themen
Müll, Wasser, Energie und Elektrosmog bis zur Teilnahme an dem fifty-fifty-Projekt
der Stadt Düsseldorf und hört bei der Schulhofgestaltung, der
Entwicklung von Bausteinen
zum „Lernen lernen“ und Aktionen, die dem Namen der Geschwister
Scholl verpflichtet sind, nicht auf.
Es wäre schön, wenn noch mehr Schulen dem guten Beispiel dieses
Gymnasiums folgen würden, denn die Stadt könnte insgesamt beträchtliche
Summen einsparen. Wie viel Geld durch bewussten Umgang mit den Ressourcen
ohne Einbußen bei der Lebensqualität gespart werden kann,
das hat das Geschwister-Scholl-Gymnasium gerade im letzten Jahr wieder
gezeigt. Da absprachegemäß 50 Prozent der nicht in Anspruch
genommenen Mittel der Schule wieder zufließen,
konnten 3.107 Euro für die Schulhofgestaltung eingesetzt werden.
Abgesehen von den sicherlich wichtigen Einsparungen empfinde ich das
Engagement der Schule für mehr Toleranz und gegen Ausländerfeindlichkeit
der Schule ausgesprochen lobenswert. Besonders bemerkenswert ist der
Scholl-Appell und die Aktion gegen Ausländerfeindlichkeit unter
dem Titel „Scholl zeigt Gesicht“. Einer aufgrund ihrer wirtschaftlichen
Verflechtungen so international geprägten Stadt wie Düsseldorf
steht es gut zu Gesicht, wenn die Bürgerinnen und Bürger den
Gästen, die aus aller Welt zu uns kommen, weltoffen und aufgeschlossen
gegenübertreten. Ich freue mich auch, dass am Geschwister-Scholl-Gymnasium
aktiv daran gearbeitet wird, den Blick für andere Länder zu öffnen
und die Bedeutung der globalen Gerechtigkeit zu unterstreichen. Wenn
wir alle morgen noch in Frieden leben wollen, dürfen
wir die Not der armen Länder nicht ignorieren.
Ich möchte allen, die sich an den verschiedenen Projekten beteiligt
haben und insbesondere denjenigen, die diese Dokumentation
erarbeitet haben, ganz herzlich für ihr Engagement danken. Sie haben
damit einen ganz wichtigen Beitrag für die Erziehung zur Nachhaltigkeit
geleistet und dafür danke ich Ihnen. Ich wünsche Ihnen weiterhin
viel Freude und Erfolg bei der Durchführung der für die Zukunft
sicherlich noch zahlreichen geplanten Projekte.
Joachim Erwin
Dr. Helle Becker, Projektleiterin des BLK-.Modellversuchs NRW: „Agenda
21 in der Schule“
„Work in Progress“ nannte der Newsletter „Agenda 21
in der Schule“ das Werk des Geschwister-Scholl-Gymnasiums im Frühjahr
2001. Die Bezeichnung war uneingeschränkt als Kompliment gemeint.
Erstens, weil das, was sich in der Schule entwickelte, tatsächlich Ähnlichkeiten
mit einem Kunstwerk hatte und zweitens, weil die Arbeit, die mitten in
der Entwicklung steckte, zwar noch nicht als fertiges Werk, aber sehr
wohl als beachtliche Leistung vorzeigbar war.
Das Geschwister-Scholl-Gymnasium stieg in das Programm „21“ der
Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung
und in den NRW-Programmteil „Agenda 21 in der Schule“ zu
einem Zeitpunkt ein, an dem der Grundgedanke an eine „Bildung für
nachhaltige Entwicklung“ in der Schule bereits Platz gegriffen
hatte. „Das Scholl“ wollte seine vielfältigen Aktivitäten
erweitern und zugleich bündeln, um sie unter die Leitgedanken der
Agenda 21 zu stellen. Die Frage, „Was ist auf dem Weg ins 20. Jahrhundert
zu tun?“ brachte die Erkenntnis, dass das Photovoltaikprojekt,
der Arbeitskreis Scholl 2000, die Arbeit im SCHOLL-Garten, die Müll-Projektwoche,
das Unterrichtsprojekt zum Thema Wasser und das Eine-Welt-Projekt mit
dem Verkauf aus fairem Handel einem gemeinsamen Ziel zuarbeiten: Nachhaltigkeit
als Perspektive für eine zukunftsfähige Entwicklung.
Die Erfahrungen im BLK-Modellversuch und die ersten Schritte in Richtung
eines „Nachhaltigkeits-Audits“ bestärkten die Schule
auf diesem Weg. Der maßgebliche Erfolgsfaktor dabei war, dass sich
aus der Bündelung vorhandener Initiativen und aus Interessen an
unterschiedlichen Aspekten nachhaltiger Entwicklung ein gemeinsamer Weg
geformt hat. Das hoch gesteckte Ziel, „die zentralen Zusammenhänge
der Gesellschaft zwischen Ökologie, Ökonomie und sozialer Gerechtigkeit“ zu
bearbeiten, wurde hier eher nachträglich identifiziert als vorher
- abstrakt und abschreckend - gesetzt. Damit hat das Geschwister-Scholl-Gymnasium
einen nachahmenswerten und mutmachenden Weg im BLK-Modellversuch eingeschlagen,
der allen interessierten Schulen zeigt, was „Graswurzellösungen“ vermögen.
Den Scholl-Schülerinnen und Schülern, Lehrerinnen und Lehrern,
Eltern, den übrigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Haus und
nicht zuletzt den außerschulischen Partnern gilt dafür mein
herzlicher Dank.
Dr. Helle Becker
Ute Groth, Schulpflegschaftsvorsitzende
„Es gibt nichts Gutes, außer man tut es!“ (Erich Kästner)
Ein bisschen Text, ein paar Worte vor dem eigentlichen Inhalt, um neugierig
zu machen, einzustimmen,
vorzubereiten.
In der nachfolgenden Dokumentation wird ein Entwicklungsprozess beschrieben,
angestoßen von einer UN-Konferenz im Jahr 1992, mit dem Auftrag,
die Verwirklichung der Ideen und Ziele dieser Konferenz nicht den Politikern
zu überlassen, sondern die Bevölkerung, den Menschen, mit einzubeziehen.
Es geht um Umwelt, Ökosysteme, soziale Ungerechtigkeit, wirtschaftliche
Ungleichheiten Konflikte und vieles, vieles mehr.
Als Eltern stellen wir uns natürlich die Frage, was hat das alles
mit Schule zu tun, mit Formeln lernen und anwenden, Vokabeln pauken usw.
usw. Landläufig wird gesagt, in der Schule lernt man für’s
Leben. Gerade darum ist die Schule der richtige Ort sich mit diesen Themen
auseinander zu setzen, für die Zukunft, das Leben, zu lernen, dass
nur der richtige Umgang mit Natur, Umwelt, Ressourcen und den Menschen
um uns herum das Leben auch für kommende Generationen sichert. Als
Eltern haben wir den beschriebenen Prozess kritisch begleitet, immer
wieder erneut mit angestoßen,
wenn man dachte, jetzt geht die Puste aus, Anregungen gegeben, mitgearbeitet
und auf vielfältige andere Art unterstützt. Auf das bisherige
Ergebnis können wir stolz, auf die kommenden gespannt sein.
Ute Groth, Schulpflegschaftsvorsitzende
Hans-Hermann Schrader, Leiter des Geschwister-Scholl-Gymnasiums
Nun liegt die Dokumentation unseres Engagements für Nachhaltigkeit
vor uns. Ich kann nur sagen: „Ich bin stolz auf die vielen kleinen
und großen Bausteine, die unsere Schülerinnen und Schüler
zusammen mit ihren Lehrern und unterstützt von den Eltern zum Gelingen
dieses Projektes beigesteuert haben.“ Deshalb freue ich mich auch über
die freundlichen Grußworte, die unser Engagement lobend hervorheben
und uns Mut zum Weitermachen geben. Diese Dokumentation soll ja nicht
der Endpunkt unserer Bemühungen um Nachhaltigkeit sein. Sie ist
viel mehr als Wegmarke gedacht, die den bisherigen Einsatz noch einmal
kritisch darstellt und so zur Reflexion einlädt. Danach können
wir hoffentlich um so besser entscheiden, wie es weitergehen soll. Im
Rückblick auf das Jahr 1868 wird vielleicht deutlich, was ich meine.
In diesem Jahr erscheint die Streitschrift von Georg Varrentrapp „über
die Entwässerung der Städte“. Wortgewaltig kämpft
der „Luther der Hygiene“ für die Kanalisation der Städte
und das Wasserklosett. Es entbrennt ein Kulturkampf, in dem ihm seine
Gegner entgegenschleudern:
Wo kommen wir hin, wenn wir den lebensnotwendigen Dünger für
die Landwirtschaft einfach in die Kanalisation spülen?
Außerdem wird das unsere Flüsse unerträglich verschmutzen!
Sie loben das altbewährte Recycling, bei dem der natürliche
Dünger der Städter an die Bauern verkauft wird, die dadurch
wieder die Ernährung der Stadt sicherstellen.
Zur Ergänzung noch ein platonischer Gesprächsfetzen:
„Aber, Herr Professor, das sind ja die gleichen Fragen, die Sie
uns bei der letzten Klausur gestellt haben!“
„Stimmt, aber die Antworten haben sich geändert.“
Wenn es uns gelingt, in diesem Spannungsfeld von Bewahren des „Guten“ und „notwendiger“ Innovation
die „gültigen“ Antworten zu finden, dann sind wir auf
dem richtigen Weg.
Hans-Hermann Schrader, Schulleiter
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