Gesamtschule Schwerte - Nachhaltigkeitsaudit 2006: PID
Verschiedene Fragen im Rahmen der Evaluation des Genetechnikprojekts zielten
darauf, Meinungen der Schüler zu Einsatzgebieten der Gentechnik zu erfassen.
Entsprechend den Zielstellungen des Projekts (und auch der nach wie vor nicht
entschiedenen gesellschaftlichen Kontroverse zu dem Thema) sollte dabei nicht
zwischen "richtigen" und "falschen" Meinungen unterschieden
werden; ein Lernerfolg sollte sich vielmehr darin zeigen, dass die Schüler
nach Absolvierung des Projekts ihre Meinungen besser begründen können.
Frage 32: Für den
Fall, dass Sie die Präimplantationsdiagnostik (PID) für
sinnvoll halten: In welchen Fällen sollte diese Methode am ehesten eingesetzt
werden? - Wenn Sie der PID eher ablehnend gegenüberstehen: Nennen Sie
mögliche Kritikpunkte an der Methode!
Die Präimplantationsdiagnostik weist im Vergleich zu den später
erörterten Verfahren die größte Praxisreife auf. Folglich werden
SchülerInnen mit großer Wahrscheinlichkeit diesbezüglichen
Fragen begegnen – in verschiedenen Rollen: als potentielle Eltern, als
Partner, als Freunde von betroffenen Eltern. Das Gentechnikprojekt will sie
auch in dieser Hinsicht zu einer individuellen, sachlich fundierten Meinung
anregen.
Diese Frage war als offene Frage formuliert, d.h. die SchülerInnen konnten
ihre Antwort als Text formulieren ohne auf vorgegebene Antwortoptionen begrenzt
zu sein.
In der Auswertung wurde zunächst ermittelt, ob sich aus den Statements
der SchülerInnen ihre Haltung zur PID herauslesen lässt. Es wurde
versucht, weitgehend jedes Statement einer dieser Kategorien zuzuordnen, auch
wenn die Position nicht explizite angegeben war. Bei 55,4% lässt sich
eine Positionierung erkennen.
- Dabei lassen 23,1% der Statements erkennen, dass SchülerInnen die
PID für eingeschränkt (nur für genau definierte Fälle)
vertretbar halten.
- Bei 14,5% der Statements ist eine eindeutige Contra-Position erkennbar.
- 9,1% der SchülerInnen sprechen sich für die PID aus und
- 8,6% halten sie für ambivalent, d.h. sie verweisen auf Vor- und Nachteile.
Diese Positionen wurden durch die folgenden Pro- und Contra-Argumente untermauert:
Stellung zur PID – Argumente |
Stellung zur PID |
Argumente |
Anzahl der SchülerInnen* |
Pro |
Schutz der Kinder vor einem Leben in Leid |
7 |
|
Schutz der Eltern vor einem behinderten Kind |
10 |
|
Schutz vor Krankheiten ohne Unterscheidung Eltern/Kind |
21 |
|
Anspruch auf Wissen |
17 |
|
Sonstiges |
11 |
Contra |
Recht jedes Menschen auf Leben und eigene Entwicklung |
34 |
|
Schutz der Mutter |
6 |
|
Kind kann durch den Eingriff gefährdet werden |
15 |
|
Sonstiges |
26 |
* Es wurde nur ausgewertet,
ob ein/e SchülerIn ein Statement in der jeweiligen Kategorie abgegeben
hatte – mehrere Statements derselben Person zur selben Kategorie
wurden nicht mehrfach gezählt. |
Für die nachfolgende Auswertung wurden alle Statements einbezogen,
bei denen eine Zuordnung zur Klassenstufe möglich war, das sind 183 Datensätze
(von 187).
Stellung zur PID – Auswertung
nach Klassenstufen |
Klassenstufe |
11 |
12 |
13 |
Argumente nach Schülern* |
absolut |
prozentual |
absolut |
prozentual |
absolut |
prozentual |
Pro-Argumente |
9 |
13 |
11 |
21 |
35 |
55 |
Contra-Argumente |
11 |
16 |
13 |
25 |
28 |
44 |
nicht verwertbare Statements |
34 |
51 |
32 |
62 |
23 |
36 |
*Es wurde nur ausgewertet,
ob ein/e SchülerIn ein Statement in der jeweiligen Kategorie abgegeben
hatte – mehrere Statements derselben Person zur selben Kategorie
wurden nicht mehrfach gezählt.
prozentual: Prozentsatz der Schüler in der jeweiligen Altersgruppe
mit wenigstens einem Statement in dieser Kategorie. |
In der Klassenstufe 13 wurden deutlich mehr inhaltlich verwertbare Argumente
/ Kategorien angeführt als in den Klassenstufen 11 und 12, d.h. die 13
hat zum Thema mehr zu sagen. Auch beim Anteil der nicht verwertbaren Statements
liegt die Klassenstufe 13 deutlich besser, denn sie hat hier den geringsten
Anteil.
Insgesamt haben 89 SchülerInnen (49%) nicht verwertbare Statements abgegeben
(weiß nicht / unsinige Antworten [auch solche Antworten, die auf offensichtlich
irrigen Vorstellungen von PID beruhen
/ keine Antwort). Dabei wurde die Kategorie „unsinnig“ restriktiv
vergeben. z.B. ist die Antwort „Es sollte nur eingesezt werden wenn
es keinen anderen möglichen
Ausweg gibt !“ (Nr. 613) strenggenommen unsinnig, denn in jedem Falle
wäre es denkbar, auf die PID zu verzichten und das Kind zu nehmen wie
es ist. Dennoch wurde diese Antwort nicht unter „unsinnig“ sondern
unter der Kategorie „Stellung zur PID“ – „eingeschränkt
vertretbar“ eingeordnet.
Gleiches gilt für die Einschränkung, dass PID sowieso nur bei künstlicher
Befruchtung / In-vitro-Fertilisation relevant ist. Streng genommen könnten
alle Antworten, die darauf nicht eingehen, als unsinnig eingeordnet werden – auf
einen solch strengen Maßstab wurde aber verzichtet.
Bei der Auswertung ist zudem aufgefallen, dass kaum ein/e Schüler/in
darauf eingeht, dass PID nur für die relativ wenigen (potenziellen) Schwangerschaften
aus In-vitro-Fertilisation relevant ist.
Ausgewählte Statements der SchülerInnen
- „Es sind Lebewesen,bei denen man nich einfach eingreifen kann.Nur weil
eine Person vielleicht nicht so intelliegent ist wie andere,nicht so sportlich
oder eben Behindert geboren wurde,heißt das noch lange nicht das man
das recht hat diese Kinder zutöten,oder zu endscheiden wer leben darf
und wer nicht.Es wird und sollte immer unterschiedliche Menschen geben.Es muss
schwächere geben,genauso wie stärkere,kranke und gesunde.Natürlich
ist es schlimm wenn ein Kind behindert geboren wird,aber man liebt es trotzdem
und hat nicht das recht es zutöten,denn eigentlich müsste dann die
ganze Menschheit ausgelöscht werden,da jeder seine maken,fehler oder negative
eigenschaften hat.die blinden und stummen,die seh-,geistig- und körperlichbehinderten
sind oft viel stärker als die,die gesund sind.Von diesen Menschen können
sich viele von uns eine scheibe abschneiden,sie sind stärker und tüchtiger
als manche von uns und sie kämpfen um ihr leben,daher darf man dieses
nicht vorzeitig beenden und ihnen die chanche nehmen sich ein leben aufzubauen.“ (Mädchen,
11. Klasse)
- „ich denke das es unverantwortlich ist, nur weil man enen test macht
dann zu entscheiden ob das kind leben darf oder nicht. natürlich ist es
auch eine moralische frage und ob man mit dem gewissen damit klar kommt“ (Mädchen,
11. Klasse)
- „Ich finde diese Art von Befruchtung nicht schlecht, da es viel Menschen
gibt die sich Kinder wünschen, wie auch z.B auch ein lesbisches Paar.
Es sollte natürlci auch vorher untersucht werden ob alles in ordung ist.“ (Mädchen,
11. Klasse)
- „Auf jeden Fall sollte eingesetzt werden bei Müttern, die schon
schwere Krankheitsfälle in der Familie hatten. Somit kann festgestellt
werden, ob da Kind ebenfalls schwer erkranken wird und möglicherweise
früh sterben wird oder sonstige Probleme haben“ (Mädchen,
13. Klasse)
- „Auf der einen Seite ist die PID sinnvoll, weil Behinderungen und Erbkrankheiten
frühzeitig ausgeschlossen werden können, weiterhin können Eltern
mit Erbkrankheiten entscheiden, ob sie ihren Kindern diese auch "zumuten" wollen.
Auf der anderen Seite ist von der PID abzuraten, da es zu Komplikationen bei
der Schwangerschaft kommen kann und eine Form der Selektion von Behinderten
darstellt. (Dies ist eine schwere moralische Belastung für die Eltern)“ (Mädchen,
13. Klasse)
- „Ja und Nein. Gut ist, dass durch diesen eingriff krankheiten und behinderungen
frühzeitig erkannt werden können und somit früher maßnahmen
ergriffen werden können, die dem betroffenen helfen. Natürlich hat
es auch schlechte seiten. Die weitergedachte, logische schlussfolgerung wäre
warscheinlich sogar eine weltweite selektion zwischen gesunden und kranken
menschen schon vor der geburt.“ (Junge, 13. Klasse)
- „Streben nach Perfektionismus des Menschen ist bedenklich. Gleichmacherei
und Selektion der Ungewollten. "Perfekter" Mensch wird zum Standart.“ (Junge,
13. Klasse)
- „hohes risiko für evtl. schäden ám kind (erbkrankheiten)
gute vorsorge um evtl. schäden am kind frühzeitig zuerkennen und
evtl schon zubeheben“ (Junge, 13. Klasse)
- „es gibt bestimmt Vor- und Nachteile der PID aber ich denke man kann
sein gewissen damit vereinbaren, wenn man sich dafür entscheidet sie anzuwenden,
wenn es sich um Verletzungen hadeln die nicht den genetischen Ursprüngen
zur Grunde liegen... Ich denke ein Mensch hat nicht das Recht in die genetischen
Grundlagen einzugreifen, es wäre ein zu großer Eingriff in die Natur.
Es müssen auch die Folgen beachtet werden,, die es hätte wenn alle
Krankheiten durch diese mMetoden einfach nicht mehr existieren würden...
es käme langfristig wahrscheinlich zur Überbevölkerung. Ich
finde, auf diesem Weg führt die Medizien ins unmenschliche und die Grenzen
werden unrealistisch...“ (Junge, 13. Klasse)
- „- selektion von "Minderem leben" (nazizeit)“ (Mädchen,
13. Klasse)
- „man spielt evtl gott :-) „ (Junge, 13. Klasse)
- „das erhalten des einzelen individum sollte an erster steller stehen!
Deshalb lehne ich die PID entschieden ab!“ (Mädchen, 13. Klasse)
- „Ich bin dagegen, weil: Diese Methode Mutter und vorallem Kind gefährden
kann. Einige Eltern in der heutigen zeit, in der immer oberflächlicher
gedacht wird, ein Kind schon als behindert ansehen würden, obwohl es vielleicht
nur eine ungefährlichere Erbkrankheit hat, mit der man (gut) zurecht kommen
würde. Mann sollte sich außerdem die Frage stellen: Ab wann ist
man eigentlich behindert? Viele evtl. tolle Menschen würden aufgrund einer
körperlichen Behinderung o.ä. gar nicht die Chance bekommen zu leben,
weil man sie abgetrieben hätte. Fehldiagnosen könnten entstehen und
Kinder werden zu "unrecht" abgetrieben. Würde diese Methode
generalisiert werden, würde dies meiner Meinung nach auch die Tür
zu weiteren gentechnischen Methode führen, die meiner Ansicht nach verhindert
werden sollten: z.B Klonen oder "Kinder aus dem Katalog", die durch
gentechnik maßgeschneidert werden, damit sie ins jewilige Schönheitsideal
der Eltern oder der Gesellschaft passen“ (Mädchen, 13. Klasse)
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