Land unter... Hochwasser und Umweltbildung Schadstoffe in der Elbe
zwei Meldungen - vom Umweltverband und vom Umweltminister
Elbeflut enthält enorme Schwermetallfracht
Greenpeace-Presseerklärung vom 23. August 2002
Greenpeace legt Probenanalysen
vor: Chemiewerke und Altlasten gefährden den Fluss
Hamburg, 23.8.2002 - Greenpeace kann nach den eigenen, heute eingetroffenen
Messergebnissen keine Entwarnung für die Wasserqualität
der Elbe geben. Die Untersuchungen zeigen eine dramatisch erhöhte
Schwermetallbelastung im Elbwasser während der Hochwasserwelle,
die vom 15. bis 18. August Dresden überflutete. Die Bleikonzentration
im Fluss lag am 18. August 220-fach über dem Normalwert.
Allein an diesem Tag hat die Elbe so viel Blei mit sich geführt
wie sonst nur in einem Zeitraum von sieben Jahren. Auch die Belastung
des Flussabschnittes mit anderen Schwermetallen wie Cadmium, Kupfer,
Zink und Chrom war an dem Tag erheblich erhöht. Im Flutwasser
wurde auch ein erhöhter chemischer Sauerstoffbedarf festgestellt,
der auf eine starke Belastung mit Chemikalien, Öl und anderen
organischen Substanzen hinweist.
"Angesichts der extremen Schwermetall- und Chemikalienbelastung
des Elbehochwassers kann von einer Entwarnung keine Rede sein",
sagt Manfred Krautter, Chemieexperte von Greenpeace. "Eine
enorme Schadstofffracht wird im Moment den Fluss hinuntergespült.
Das Leben in und an der Elbe wird mit diesen Schadstoffen schwer
zu kämpfen haben."
Für das Chemiewerk Spolana in Tschechien liegen Greenpeace
jetzt sowohl eigene Messungen als auch Messergebnisse der Behörden
vor. Die Dioxin- und Quecksilberbelastung im Wasser des überfluteten
Werksgeländes war den behördlichen Messungen zufolge
trotz der Schutzvorrichtungen am 19.8. stark erhöht. Es ist
daher davon auszugehen, dass mit dem ablaufenden Wasser erhebliche
Schadstoffmengen in die Elbe gelangten. Darauf weisen auch erhöhte
Dioxin- und Quecksilberwerte unterhalb des Chemiewerkes in der
Elbe hin. Boden- und Schlammproben, die Greenpeace in der Umgebung
des Chemiewerkes entnahm, sind zum Teil stark mit Schwermetallen
wie Blei, Zink und Quecksilber belastet.
In Bitterfelduntersuchte Greenpeace zusätzlich Verdachtsflächen
und Gebiete im Bereich des Chemieparks, die überflutet werden
können. Auf dem Gelände der Firma Organotinfanden sich
so hohe Konzentrationen von Schwermetall und Chlororganika im
Boden, dass dieser als Sondermüll anzusehen ist. Dieses Gelände
stellt eine Gefährdung für die Umwelt und das Grundwasser
dar und muss dringend saniert werden.
In Magdeburguntersuchte Greenpeace elbnahe Verdachtsflächen
und Altlasten. Auf den Geländen der VEB Fahlberg-List, einem
ehemaligen Kraftstofflager, sowie dem VEB Hartöl und anderen
Standortenwurden zum Teil stark erhöhte Schwermetallkonzentrationen
in den Böden gefunden. Diese Flächen müssen saniert
und besser gegen Hochwasser gesichert werden.
Achtung Redaktionen: Rückfragen bitte an Manfred Krautter,
Tel. 040-30618-358 oder 0171-0171-8780 810, und Pressesprecherin
Simone Miller, Tel. 040-30618-383. Die Messergebnisse schicken
wir Ihnen gerne zu. Bilder von den Probennahmen erhalten Sie bei
der Fotoredaktion unter 040-30618-376. Internet: www.greenpeace.de/
Trittin: Quecksilber in der Elbe
- aber nicht aus Chemiefabrik
Im Hochwasser der Elbe sind erhöhte Werte von Quecksilber
und anderen Schwermetallen gemessen worden. Die gestiegenen Konzentrationen
seien aber nicht auf das überflutete tschechische Chemiewerk
«Spolana» zurückzuführen.
Berlin (dpa) -Dies teilte das Bundesumweltministerium in Berlin
am Freitag nach der Auswertung von Wasserproben mit. Experten
erklärten die erhöhten Schwermetallwerte damit, dass
bereits im Fluss abgelagerte Schadstoffe durch das Hochwasser
aufgewirbelt und flussabwärts transportiert würden.
Ergebnisse der Dioxin-Untersuchungen liegen laut Ministerium noch
nicht vor. Sie würden ebenso wie die Ergebnisse einer weiteren
Probe, für die vergangenen Mittwoch von Dessau bis Geesthacht
Wasser entnommen wurde, Anfang kommender Woche erwartet.
Die nun festgestellten erhöhten Werte seien auf frühere
Verunreinigungen zurückzuführen. «Die Verschmutzungen
der Vergangenheit werden sichtbar», hieß es in der
Mitteilung des Ministeriums. «Dies ist eine bekannte Auswirkung
von Hochwasserereignissen dieser Größenordnung in allen
Gewässern, nicht aber die Folge zusätzlicher Einleitungen
in die Elbe.»
Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) sagte, er
sehe mit Sorge, dass die im Fluss mit den aufgewirbelten Schwebstoffen
transportierten Schadstoffe letztlich in der Nordsee landen würden.
«Ein weiteres Beispiel dafür, dass mangelnder Umweltschutz
zur rechten Zeit zu Belastungen in der Zukunft führt.»
Ein Sprecher des Chemiewerks «Spolana» hatte kürzlich
eingeräumt, durch die Hochwasserkatastrophe könnte «eine
bestimmte Menge» Quecksilber und Dioxin in die Elbe gelangt
sein. Trittin hatte sich am vergangenen Dienstag in dem stillgelegten
Teil der Fabrik ein Bild von der Lage gemacht.
Das Hochwasser wird für die Landwirtschaft in den überfluteten
Gebieten nach Ansicht von Experten möglicherweise langwierige
Folgen haben. «Schwermetalle, die mit dem Schlamm auf die
Felder kommen, halten sich längere Zeit im Boden»,
sagte Gerhard Kilian vom Institut für Umwelt-Geochemie der
Universität Heidelberg in einem dpa- Gespräch.
Kilian rechnet «auf jeden Fall» mit einer erhöhten
Schwermetallbelastung durch den Schlamm. In der Mulde und anderen
Nebenflüssen der Elbe seien Schlacken aus dem Bergbau ausgespült
worden, die unter anderem Blei, Quecksilber und Kadmium enthielten.
Auch Uran-Verunreinigungen aus dem Wismut-Bergbau seien möglich,
sagte der Chemiker.
(Quelle: dpa / www.vistaverde.de/)
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