Energie und nachhaltige Entwicklung
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Ein Rückblick
Bis ins 18. Jahrhundert hinein war die Menschheit bei der Verrichtung
ihrer Arbeiten vor allem auf die Muskelenergie von Mensch und Tier
angewiesen, ergänzt wurde diese durch die Nutzung der Energie
von Wind und Wasser. Das Feuer wurde nur zur Wärmegewinnung
genutzt. Energie stellte eine knappe Ressource dar, die das Wirtschaften
der Menschheit existenziell begrenzte.
Erst die Erfindung der Dampfmaschine läutete die industrielle
Revolution ein. Die Dampfmaschine und weitere grandiose technische
Erfindungen wie Generator und Elektromotor, Verbrennungsmotoren
und Kernspaltungsreaktor öffneten der Menschheit völlig
neue Horizonte. Sie ermöglichten es, Kohle, Erdgas, Erdöl
und Uran zur Energiegewinnung zu nutzen. Nun wurde es z.B. möglich,
die Landwirtschaft zu mechanisieren und somit Arbeitskräfte
für die Industrie freizusetzen. Die gesamte industrielle Warenproduktion
und unser Transportsystem basieren auf diesen fossilen Energieträgern.
Grenzen der klassischen
Energiewirtschaft
Etwa 200 Jahre lang war die Energiewirtschaft vor allem darauf
ausgerichtet, ständig mehr Energie für ständig wachsende
Bedürfnisse zur Verfügung zu stellen. Allmählich
setzt sich jedoch die Erkenntnis durch, dass diese strategische
Ausrichtung der Energiewirtschaft auf neue, ebenfalls existenzielle
Grenzen stößt:
- Kohle, Öl und Erdgas sind in geo-bio-chemischen Prozessen
entstanden, die Millionen von Jahren dauerten. Wir Menschen
verbrauchen diese Energieträger jetzt in einem Zeitraum,
der aus erdgeschichtlicher Perspektive nur als kurzer Augenblick
bezeichnet werden kann.
In absehbarer Zeit werden diese Ressourcen, ebenso wie
die nutzbaren Vorräte an Uran, erschöpft sein.
Für
den Rohstoff Erdöl wird - bei aller Unsicherheit, die in
solchen Aussagen liegt - davor gewarnt, dass spätestens
2020 die Förderspitze erreicht ist, d.h. für die Zukunft
sind nur noch eine Verknappung des Öls, weiter steigende
Preise und zunehmende politische (militärische?) Konflikte
um diesen knappen Rohstoff zu erwarten. Jeremy Leggett geht
in seinem Buch "Peak Oil" sogar davon aus, dass diese Förderspitze
bereits 2006 erreicht worden ist.
- Die Reaktionsprodukte der Verbrennungsprozesse belasten
die Umwelt. Es ist zwar gelungen, recht wirksame
Maßnahmen
gegen den Ausstoß saurer Gase (Schwefel- und Stickoxide)
zu finden. Nach wie vor entsteht bei der Verbrennung fossiler
Energieträger jedoch Kohlendioxid, welches den größten
Teil des anthropogenen Treibhauseffekts verursacht.
Aus Gründen
des Klimaschutzes können wir es uns überhaupt nicht
leisten, die globalen Vorräte
der fossilem Kohlenstoffträger komplett auszubeuten -
das betrifft insbesondere die Braunkohle und die Steinkohle,
von deren noch relativ reichliche Vorräte vorhanden sind
(siehe Klimaschutz).
- Auch Kernenergie ist nicht zukunftsfähig. Sie
spielt eine gesonderte Rolle, denn beim Betrieb
von Kernreaktoren wird kein Kohlendioxid freigesetzt. Dafür
aber wird hier mit radioaktiven bzw. derart toxischen Stoffen
gearbeitet, dass die Kernenergie nur bei 100prozentiger Fehlerfreiheit
– von der Gewinnung der Ausgangsstoffe bis zur Endlagerung
– akzeptabel sein könnte.
Es widerspricht jedoch
der Erfahrung, dass so komplexe Mensch-Maschine-Systeme absolut
fehlerfrei arbeiten. Hinzu kommt, dass die
friedliche Nutzung der Kernenergie eng mit der militärischen
(und potenziell auch mit der terroristischen) Nutzung verbunden
ist: Wer Kernspaltungsreaktoren betreibt, kann auch das spaltbare
Material für Atombomben
herstellen. Die internationalen Konflikte
um die Atomprogramme des Iraks oder Nordkoreas haben diese
Problematik verdeutlicht.
- Die Auswirkungen der Arbeit, die wir mit der technisch
bereitgestellten Energie betreiben, sind längst nicht
nur segensreich. In einem sehr energieaufwendigen
Prozess wird z.B. der in der Luft enthaltenen Stickstoff
in Nitratdünger
umgewandelt. Dieser hat einerseits dazu beigetragen, die Erträge
im Ackerbau zu erhöhen, andererseits bedrohen Nitrate bei
übertriebener Düngung das Grundwasser, also unsere
wichtigste Trinkwasserquelle.
-
Die
Inanspruchnahme von Energie ist auf unserem Planeten extrem
ungerecht verteilt. Die weniger als 20% der Menschheit
in den Industrieländern
verbrauchen 70% der weltweit genutzten Energie. Diese Ungerechtigkeit
kann und darf wegen der oben genannten Grenzen nicht dadurch
beseitigt werden, dass die Entwicklungsländer ihren Energiekonsum
auf das Maß der Industrieländer anheben. Zudem
profitieren vorrangig internationale Unternehmen sowie die
nationalen Führungseliten
an der Gewinnung von Bodenschätzen, während Umweltverschmutzung
zu Lasten der regionalen Bevölkerung geht.

Herausforderungen
einer zukunftsfähigen Energiewirtschaft
Wir stehen daher vor der Herausforderung, die Nutzung von Energie
grundlegend neu zu ordnen.
- Die Effizienz der Energieumwandlung –
d.h. das Verhältnis von Nutzen zu Aufwand – kann noch
deutlich erhöht werden. Niedrigenergiehäuser, Brennwertheizungen
oder das Drei-Liter-Auto sind bekannte Beispiele - es gilt, solche
effizienten Techniken nicht nur zu entwickeln, sondern diese Erfindungen
auch in der alltäglichen Praxis anzuwenden.
- Wir Menschen in den Industrieländern müssen unseren
Energiekonsum verringern. Diese als Suffizienz
bezeichnete Strategie berührt unseren Lebensstil und ist
daher besonders schwer umzusetzen. Ist sie deswegen utopisch?
Es tut kaum weh, ein Haus bedarfsgerecht zu beheizen, anstatt
Tag und Nacht alle Räume auf 23°C zu temperieren. Wer
aber möchte seine Autofahrten deutlich reduzieren?
-
Der
für ein effizientes und suffizientes Wirtschaften dann noch
erforderliche Energiebedarf kann weitgehend aus erneuerbaren
Energien – Sonne, Wind- und Wasserkraft, Biomasse und Erdwärme
– gedeckt werden. Die Nutzung dieser Energieträger
gilt es heute auszubauen!
- Der Zugriff auf die Energieträger muss weltweit
gerecht verteilt werden. Technik
und Know-how zur Nutzung der regenerativen Energien müssen weltweit
zu fairen Preisen verfügbar gemacht werden.
Energie
in der Schule
Es ist wenig aussichtsreich, Schülern die oben skizzierten
umweltpolitischen Forderungen "beizubringen" und dann
darauf zu hoffen, dass sie sich künftig umweltgerechter
verhalten würden. Der Umbau der Energiewirtschaft (als
Teil einer nachhaltigen Entwicklung) wird ähnlich gravierend
sein wie die Veränderungen
der industriellen Revolution - und das ist nicht mit Agitation
zu lösen, und das kann auch nicht alleine den kleinen Energieverbrauchern
angelastet werden. Der Umbau der Energiewirtschaft ist aber mit
vielfältigen Fragen verbunden, die Sie im Unterricht sinnvoll
aufgreifen können:
Noch für Jahrzehnte gibt es hier spannende technische Herausforderungen
zu meistern. Welche Berufsbilder sind zukunftsfähig und welche
Kompetenzen sind da gefragt?
Zudem werden der Gesellschaft und jedem einzelnen Menschen ethisch
wertende Entscheidungen abverlangt. Die o.g.
umweltpolitischen Forderungen sind nur für den relevant,
der im Sinne des Nachhaltigkeitsleitbildes auch künftigen
Generationen sowie den Menschen in anderen Teilen der Welt gleiche
Chancen einräumt wie er selbst beansprucht.
Wer nur an heute denkt, hat kein Energie-, sondern bestenfalls
ein Kostenproblem. Wie aber enstehen Werte? Welche Vorstellungen
haben die Schüler
von einem gelingenden Leben, welche Rolle spielt dabei eine intakte
Umwelt?
Nicht nur mangelnde Einsicht, sondern auch überkommene Strukturen
(in Wirtschaft und Politik) stehen einer nachhaltigen Entwicklung
entgegen. Welche Kräfte und welche Mechanismen wirken hier?
Welche ökonomischen und politischen Rahmenbedingungen müssten geschaffen
werden? Und wie kann sich der Einzelne gegenüber
den scheinbar übermächtigen
Gesetzten von Politik und Weltwirtschaft positionieren?
Diese Fragen zeigen ganz unterschiedliche Zugänge
zu dem Themenbereich "Energie" auf. Das Material, das
Sie hier auf dem Server umweltschulen.de finden, bildet nicht diese
ganze Breite des Themas ab. Entsprechend meinen eigenen Erfahrungen
konzentriere ich mich auf die folgenden Aspekte:
- Die Energiewende als technische Herausforderung:
Solar- oder Windenergie ist längst nicht mehr verstaubter "Ökokram",
sondern "sexy" Hightech. Schüler
können
z.B. Solarkocher selbst bauen, eine eigene Solaranlage auf der
Schule installieren oder sich dafür einsetzen, dass ihre
Schule mit Ökostrom versorgt wird. (Auch wenn das nicht
im Mittelpunkt der Lehreinheiten steht, können die Schüler
hier auch mit zukunftsfähigen Berufsbildern in Kontakt kommen;
vertiefen Sie diesen Aspekt nach Möglichkeit über das hier angebotene
Material hinaus.)
- Die Energiewirtschaft der eigenen Schule:
Die eigene Schule ist ein Raum, in dem die Schüler Energiewirtschaft
"begreifen" und auch folgenreich in sie eingreifen
können.
Sie spüren es am eigenen Leibe, wenn Räume ungeschickt
beheizt oder Arbeitsplätze schlecht beleuchtet werden.
Schüler
und Lehrer können schon mit einfachen Mitteln die Energiewirtschaft
der Schule bewerten und optimieren. Sie können damit oft
gleichzeitig den Lebenswert der Schule erhöhen, die Umwelt
entlasten und Geld einsparen. Wenn man Erfahrungen aus Modellprojekten
hochrechnet, dann könnten die Schulen in Deutschland durch
intelligentes Nutzerverhalten jedes Jahr insgesamt 3,6 Milliarden
kWh Energie und damit 200 Mio Euro Energiekosten einsparen
(Schmidthals 2008). Viele Schulträger
bieten den Schulen als Anreiz zum Energiesparen einen Teil
dieses eingesparten Geldes zur freien Verwendung an - hier
kommen leicht einige tausend Euro pro Jahr zusammen, die dann
z.B. in Maßnahmen investiert
werden können, welche die Attraktivität der Schule
erhöhen.
- Klimaschutz: Klimaschutz ist eine der grundlegenden
umweltpolitischen Herausforderungen der Menschheit an der Schwelle
zum 21. Jahrhundert. Wenn Schulen in dem oben genannten Umfang
Energie einsparen würden, würden sie damit "nebenbei"
auch 1 Mio
t CO2-Ausstoß einsparen.
Im Rahmen der Kampagne "Klimadetektive"
können Sekundarschüler sich mit dieser Herausforderung
vertraut machen und in verschiedenen Bereichen des Schulbetriebs
zum Klimaschutz beitragen.
Daneben versuche ich, auch aktuelle umweltpolitische Hintergrundinformationen
mit zu integrieren, so dass Lehrkonzepte, Aktionsvorschläge und
Hintergründe für Sie nur einen Mausklick voneinander entfernt sind.
Quellen
-
Leggett, Jeremy (2006): Peak Oil. Köln: Kiepheuer & Witsch
(Englisches Original: Leggett, Jeremy, 2005:
Half gone. Portobello Books Ltd.)
- Schmidthals, Malte(2008): Energiesparen an Schulen in Deutschland:
Stand, Erfolgskriterien und Potenziale. In: Bundesverband Schule
Energie Bildung e.V.: Tagungsband Energiesparmesse für Schulen;
S. 5-10
- Umweltbundesamt (2007): Klimaänderungen, deren Auswirkungen
und was für den Klimaschutz zu tun ist. (Dieses Dokument ist
eine allgemeinverständliche Zusammenfassung wichtiger Erkenntnisse
aus dem vierten IPCC Klimabericht.) Online-Dokument, URL: www.umweltbundesamt.de/uba-info-presse/hintergrund/ipccsynthese.pdf,
Dokument offline
(Englisches Original: www.ipcc.ch/)
Förderer und Partner der Klimadetektive