Was für Natur soll geschützt werden?

"Das ist eine komische Frage", werden Sie vielleicht denken, "doch sicher die uns umgebende Natur, die nicht vom Menschen gemachte Landschaft, die Lebensgrundlage für Pflanzen und Tiere!"

Dass es eben doch nicht so einfach ist, mussten wir auf unserer Exkursion zu den Zuckerteichen erleben. Die Zuckerteiche sind ein großes und schönes Feuchtgebiet, ein kleines Idyll am Rande der Stadt - aber unberührte "Natur" sind sie nicht.

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Ihren Namen haben die Teiche von der ehemaligen Stralsunder Zuckerfabrik. Bereits in den 60-er Jahren wurden auf den dort vorhandenen Feuchtwiesen Dämme angelegt. Geplant war, das sich hier anstauende Wasser für den hohen Bedarf der Stralsunder Zuckerfabrik zu verwenden. In einem geschlossenen Kreislauf sollte organisch hoch belastetes Wasser aus der Zuckeraufbereitung den Teichen zugeführt und nach dem Absetzen organischer Schwebstoffe wieder in die Fabrik als Brauchwasser zurückgeführt werden. Diese Pläne sind erst nach der Wende Anfang der 90-er Jahre für eine einzige Zuckerkampagne umgesetzt wurden, danach wurde die Fabrik stillgelegt. Die Einleitung erfolgte damals nur in den nördlichen der beiden größeren Teiche. Vor allem der südliche Zuckerteich hatte sich inzwischen zu einem wertvollen Biotop entwickelt und wurde bereits 1991 auf Senatsbeschluss der Hansestadt Stralsund als "Geschützter Landschaftsbestandteil" gesichert. Sogar Eisvogel und Fischotter wurden schon gesichtet! Die Zuckerteiche haben keinen Abfluss (es sollte ja ein geschlossener Kreislauf hergestellt werden)!

Wenn die Zuckerteiche keine Natur sind - welchen ökologischen Wert haben sie dann?

Es ist in Deutschland kaum noch realistisch, unberührte Natur schützen zu wollen - denn die gibt es kaum noch. Welche "Natur" wollen wir aber schützen? Die von 1989 - der Zeit vor den blühenden Landschaften mit ihren weitläufigen neuen Wohn- und Gewerbegebieten? Die aus den Anfangszeiten der DDR - bevor die Plattenbausiedlungen in Knieper und Grünhufe gebaut wurden? Oder die vom Ende des 19. Jahrhunderts - bevor sich die umfangreichen Gründerzeitsiedlungen vor den Toren der alten Stadtkerne ausbreiteten. Wer so denken wollte, würde schnell in Erklärungsnöte kommen.

Aber wenn wir die Sache anders angehen und sagen: "Solange hier Kröten leben, ist doch alles in Ordnung", dann geben wir einen Freibrief, rücksichtslos die Landschaft zu verändern - mit der vagen Hoffnung, dass unsere Eingriffe reparierbar seien und irgendwann zu einem so schönen Ergebnis führen wie im Fall der Zuckerteiche. Das kann auch nicht die Lösung sein.

Was also sind Maßstäbe für den Schutz der Natur?

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Der Blick schweift über das Gelände.
(Videoclip, 461kB)

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