Flächenverbrauch in Deutschland
Was ist "Flächenverbrauch"?Die Fläche eines Landes kann strenggenommen nicht "verbraucht" werden. Flächenverbrauch wird hier als die Umwandlung von land- oder fortstwirtschaftlich genutzten Flächen in Siedlungs- und Verkehrsflächen verstanden. Wenn eine neue Autobahn gebaut, "auf der grünen Wiese" ein neues Gewerbegebiet erschlossen oder "im Speckgürtel" einer Stadt ein neues Wohngebiet errichtet wird, spricht man von Flächenverbrauch. "Siedlungs- und Verkehrsfläche" und "versiegelte Fläche" dürfen dabei nicht gleichgesetzt werden. Die Siedlungs- und Verkehrsflächen umfassen auch einen erheblichen Anteil unbebauter und nicht versiegelter Flächen, z.B. Grünanlagen auf Schulhöfen bzw. in Parks oder Hausgärten. Das Statistische Bundesamt schätzt, dass 35 bis 63% der Siedlungs- und Verkehrsfläche versiegelt sind. Wie viel Fläche haben wir?Die Bundesrepublik Deutschland verfügt über eine Bodenfläche von 357.093 km² (ohne Seegebiete). Davon waren 2005 46.050 km² oder 12,9% Siedlungs- und Verkehrsfläche. Innerhalb der einzelnen Bundesländer gibt es dabei natürlich erhebliche Unterschiede; so ist der Anteil der Siedlungs- und Verkehrsfläche in den Stadtstaaten Berlin (69,6%), Hamburg (59,0%) und Bremen (56,6%) am höchsten und in Mecklenburg-Vorpommern mit 7,3% sehr gering (Statistisches Bundesamt 2006). Detaillierter ist eine Statistik von 2004 (Quelle: Statistisches Bundesamt 2004 mit Datenbasis Planzahlen 2004; Differenz zu 100% = Rundungsfehler); demnach hat die Bundesrepublik Deutschland:
Wie viel Fläche verbrauchen wir?In den Jahren 2002 bis 2005 wurden in Deutschland insgesamt 1.670 km² Land für Siedlungs- und Verkehrsflächen "verbraucht" - das sind 114 ha/Tag (Statistisches Bundesamt 2006). Von 1992 - dem ersten Jahr, in dem für Deutschland in seinen heutigen Grenzen Zahlen vorliegen - bis 2005 hat die Siedlungs- und Verkehrsfläche um 5.745 km² zugenommen (Statistisches Bundesamt 2006). Wie viel Flächenverbrauch können wir uns leisten?FlächenverfügbarkeitWenn wir täglich 114 ha (1,14 km²) Fläche "verbrauchen", so sind das 0,0003% unserer Landesfläche - also verschwindend wenig. Wirklich? Eine nachhaltige Umweltpolitik muss langfristig denken: Zu den 12,9% Siedlungs- und Verkehrsfläche, die wir bereits haben, kommen jedes Jahr ca. 0,12% hinzu. Das heißt, bei einem linearen Zuwachs würden wir alle 9 Jahre 1% und alle 90 Jahre weitere 10% der verfügbaren Fläche verbrauchen - zu Lasten der land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen mit ihren vielfältigen Funktionen für die Nahrungsmittel- und Holzproduktion, die Erholung, die Trinkwassergwinnung oder als Lebensraum für Pflanzen und Tiere. Rein rechnerisch (Für die Praxis ist das sicher weniger relevant!) wäre die Bundesrepublik Deutschland in ca. 750 Jahren vollständig in Siedlungs- und Verkehrsflächen umgebaut. Alleine mit diesen prozentualen Angaben wird man dem Problem aber nicht gerecht. Dahinter verbirgt sich ein seit Jahren fortschreitender Wandel unserer Lebensbedingungen, der nachfolgend mit den beiden Schlagworten Leerzug der Städte sowie Zersiedelung der Landschaft erfasst werden soll: Leerzug der Städte"Der seit Jahren konstant hohe Flächenverbrauch frisst nicht nur wertvolle natürliche Lebensräume auf. Er wird auch immer mehr zu einem finanziellen und sozialen Risiko für Bund, Städte und Gemeinden. Permanent werden neue Gewerbe- und Siedlungsgebiete erschlossen, deren Bedarf vielfach nicht mehr gegeben ist. Menschen und Gewerbe wandern derzeit aus den Innenstädten ab. Diese veröden, die Fixkosten für die Infrastruktur - wie etwa die Wasserversorgung - bleiben aber gleich. Die zwangsläufig steigenden Gebühren müssen immer weniger Menschen zahlen. Im Ergebnis dieser Entwicklung ist zu befürchten, dass in den Innenstädten zunehmend Problemquartiere entstehen, weil eher sozial Schwache zurückbleiben. "Der wachsende Wohnungsleerstand in den Städten führt uns vor Augen, dass wir uns umorientieren müssen. Die Innenstädte müssen lebenswerter werden", so Prof. Dr. Andreas Troge, Präsident des Umweltbundesamtes." (Umweltbundesamt 2004) Zersiedelung des LandesViele Menschen träumen von einem Leben im Grünen, abseits vom Lärm und der Hektik der Städte - aber gerne in deren Nähe, weil deren Kultur und Infrastruktur auch erheblich zur Lebensqualität beitragen. Wer es sich leisten kann, baut sein eigenes Haus. Auch für Handel und Gewerbe sind Flächen auf der grünen Wiese attraktiv: Sie sind deutlich billiger als innerstädtische Flächen und in der Regel frei von Altlasten. So fressen sich die Städte in ihr Umland, die Speckgürtel entstehen oder - im Fachjargon: Die Suburbanisierung nimmt ihren Lauf. Neue Wohn- und Gewerbegebiete werden aufgebaut; neue Straßen sind erforderlich, damit die Pendler ihre Arbeitsstätten erreichen; der Verkehr nimmt zu, mit allen Folgen, die das hat (siehe Arbeitsbereich Verkehr auf diesem Server). Dabei gehen landwirtschaftlich produktive Flächen verloren, bzw. Lebensräume für Tiere und Pflanzen (das Grün, nach dem wir uns sehnen), werden zerschnitten. Mittelfristiges Ziel: Reduzierung des Flächenverbrauchs auf 30 ha täglichEs ist einleuchtend, dass diese Entwicklung nicht dauerhaft fortgesetzt werden kann. Die Bundesregierung will daher zunächst bis 2020 den Flächenverbrauch auf 30 ha täglich reduzieren; so steht es in der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie (Die Bundesregierung 2002, S. 99). Wie können wir den Flächenverbrauch reduzieren?Auf der konkreten Ebene klingt es ganz einfach: Im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung sollten wir mit dem Boden genauso sparsam umgehen wie mit anderen Ressourcen auch. Boden einmal zu benutzen und dann "wegzuwerfen" (z.B. 100 Jahre Industrieansiedelung oder 50 Jahre Militärgebiet - und dann Brache), verbietet sich. Dabei muss das Problem zuerst in den Städten gelöst werden. Sie sollten nach innen wachsen statt nach außen, innerstädtische Brachflächen "recyceln" und dort z.B. Arbeitsplätze und Einkaufsmöglichkeiten schaffen. Hier sind überwiegend die Kommunen gefordert. Gleichzeitig müssen aber auch politische Rahmenbedingungen auf nationaler und internationaler Ebene verändert werden. Das soll mit jeweils drei Beispielen verdeutlicht werden: Kommunales Beispiel 1: Neuland - Freie Fläche für kreative ZwischennutzungSeit dem Jahr 2003 sind allein im Bezirk Marzahn-Hellersdorf rund 75 nicht mehr benötigte Kita- und Schulgebäude im Rahmen des Programms „Stadtumbau Ost“ rückgebaut worden. Weitere 50 werden bis zum Jahr 2009 noch folgen. Die Gesamtgröße der freiwerdenden Flächen beträgt weit über 100 Hektar, das entspricht einer Größe von etwa 156 Fußballfeldern. Aufgrund der aktuellen Marktlage können Planungen auf den freien Flächen oftmals nicht umgesetzt werden. Sie drohen, dadurch auf unbestimmte Zeit in ein Vakuum zu fallen. Mit dem Projekt „Neuland“ werden nun Initiativen, Vereine, Privatpersonen und Anwohner angesprochen, die Platz für gute Ideen brauchen, die Bewährtes oder Ungewöhnliches auf diesen Flächen ausprobieren möchten. Überdimensionale Pfeile, farbige Markierungen von Gehwegplatten, Baumstämmen und Zäunen sowie Flaggen im Bezirk machen auf verfügbare Flächen aufmerksam. „Neuland“ sucht kurzfristige, spontane und kreative Zwischen-Nutzungen für ein breites Spektrum an Grun! dstücken. Angesprochen sind Projekte und Initiativen, die Platz für gute Ideen brauchen, die Bewährtes oder Ungewöhnliches auf diesen Flächen ausprobieren möchten. Mehr: http://www.gute-beispiele.net/ (Quelle: Agenda-News 4.7.2006) Kommunales Beispiel 2: Düsseldorf Brachflächenkataster>>>>>>>>>>>> Kommunales Beispiel 3: Flächenmanagement in der Gemeinde RehlingDie schwäbische Gemeinde hat ca. 2.400 Einwohner. Einige Bürger haben hier im Rahmen der Lokalen Agenda 21 ehrenamtlich Flächenreserven erfasst. Sie konnten insgesamt
auffinden. Diese Grundstücke haben eine Gesamtfläche von 16,5 ha, das sind 8% der Siedlungs- und Verkehrsfläche der Gemeinde. Auf diesen Flächen könnte für ca. 800 Menschen Wohnraum geschaffen werden, ohne dass neue Flächen verbraucht werden müssen. (KommA21 Bayern, Juni 2005, S. 6) Rahmenbedingungen Beispiel 1: Flächenverbrauch nicht mehr fördernDas UBA schlägt folgende Maßnahmen vor, um die Attraktivität der Städte (gegenüber einer weiteren zersiedelung der Landschaft) zu fördern (Umweltbundesamt 2004):
Rahmenbedingungen Beispiel 2: Raumordnung und NaturschutzpolitikWie Boden genutzt wird (z.B. welche Flächen überhaupt für eine Bebauung vorgesehen werden), wird in Deutschland im Rahmen der Raumordnung festgelegt. Hierbei wird versucht, die verschiedensten Interessen - z.B. Flächen für Wohnsiedlungen, für Wirtschaft und Landwirtschaft, Ansprüche des Umwelt- und Naturschutzes - sinnvoll "auf der Landkarte" unterzubringen. Auch Instrumente der Naturschutzpolitik können zu einer Reduzierung des Flächenverbrauchs beitragen (BfN 2005):
Rahmenbedingungen Beispiel 3: Boden-Bündnis europäischer Städte??djklghsdfg Aktionstipps
Quellen
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