Land unter... Hochwasser und Umweltbildung Schritt 6 - Konsequenzen??
Und dann? Welche Konsequenzen werden gezogen?
Details
Fluss-Auen aufgeben, Flussausbau stoppen?!
Sollte als Konsequenz der Flutkatastrophe des Jahres 2002 der
Elbeausbau (für die Schifffahrt) gestoppt werden? Diese und
ähnliche Fragen sind auch für andere Flüsse aktuell.
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"Wirksamer
Hochwasserschutz beinhaltet in erster Linie den Verzicht
auf Ausbaumaßnahmen, die nachhaltig in das Abflussregime
eingreifen." (UBA) |
Das Umweltbundesamt (UBA)
ist in seinen Aussagen eindeutig. Demnach sollten alle aktuell
geplanten Flussausbau-Maßnahmen kritisch überprüft
und ggf. aufgegeben werden. Dies betrifft übrigens auch
Eingriffe zum Bau von Wasserkraftanlagen! An zweiter Stelle
steht, "Retentionsflächen" (natürliche Überschwemmungsgebiete)
wiederzugewinnen. Optimal hierzu ist es, Deiche vom Fluss weg
zu verlegen und somit Auen wieder entstehen zu lassen. Die Schaffung
von Poldern, also vollständig eingedeichten Flächen,
die nur bei schwerem Hochwasser überflutet werden und ansonsten
anderweitig genutzt werden, wird als weniger optimal angesehen.
Für die Verkehrswirtschaft wird auf die Stärkung des
Schienenverkehrs gesetzt.
- Für einen Stopp der Pläne zum Ausbau der Elbe macht
sich im Sommer 2002 - neben den Umweltverbänden - u.a.
Sachsens Umweltminister Steffen Flath (CDU) stark.
Gegenstimmen kommen u.a. von Bundesverkehrsminister Kurt Bodewig
(SPD) oder Sachsen-Anhalts CDU/FDP-Regierung. Aus dem Bundesverkehrsministerium
verlautete, es gehe bei den Elbe-Plänen überwiegend
nicht um einen Ausbau sondern um Instandhaltungsarbeiten. Staustufen
oder Betonierungen seien nicht geplant. Ziel sei die Wiederherstellung
des früher vorhandenen Zustandes. Ausbaumaßnahmen
sind demnach im Wesentlichen nur auf der Stadtstrecke Magdeburg
und auf der «Reststrecke bei Dörnitz» vorgesehen.
Die geplanten Baumaßnahmen an der Elbe werden nach Informationen
der ARD-«Tagesschau» und der Berliner «tageszeitung»
(taz) von Bundeskanzler Gerhard Schröder in Frage
gestellt. Der Regierungschef habe Verkehrsminister Bodewig im
Kabinett nahe gelegt, den Ausbau der Elbe zu überprüfen
und sich für weitere Überflutungsräume ausgesprochen.
(Quelle:
http://www.vistaverde.de/news/Politik/0208/22_elbausbau.htm)
- Der BUND fordert nach dem Hochwasser von 2002, die
Donau-Staustufenpläne zwischen Vilshofen und Straubing
aufzugeben und den Elbeausbau zu stoppen. "Vorbeugender
Hochwasserschutz heißt, den Flüssen endlich mehr
Raum zu geben. Die für den Flussausbau an Elbe und Donau
verplanten rund eine Milliarde Euro müssen für Deichverlegungen
und Überschwemmungsflächen eingesetzt werden. Außerdem
fordert der BUND das Bauen in hochwassergefährdeten Bereichen
generell zu verbieten und Ausgleichsflächen für bereits
bebaute Flächen zu schaffen." (www.bund.net/)
- Am 5.9.2002 melden die Nachrichten, dass sich die Bundesregierung
und die betroffenen Länder darauf geeinigt haben,
den Elbeausbau vorerst zu stoppen und die Pläne einer tieferen
Prüfung zu unterziehen. Zudem sollten in von Überschwemmung
bedrohten Gebieten keine neuen Baugebiete ausgewisen werden.
Hierfür allerdings sind die Kommunen zuständig,
die an diesem Konsens zunächst nicht beteiligt waren.
- Bereits anlässlich der dramatischen Oderflut von 1997
hatten sich BUND und WWF dafür ausgesprochen,
langfristig den Flüssen ihre Überschwemmungsgebiete
zurückzugeben, d.h. Siedlungs- und Industriestandorte in
den Auengebieten aufzugeben. Auch ein Vertreter der Versicherungswirtschaft
wird mit ähnlichen Gedanken zitiert: Wolfgang Kron, Hochwasserexperte
der Münchner Rückversicherung: "Das Oderbruch
war eigentlich ein natürliches Überflutungsgebiet.
Es sollte vom Katastrophenschutz her gesehen, auch wieder ein
Flutgebiet werden". (www.akwasser.de/
Materialsammlung zum Oderhochwasser 1997)
Stadt- und Landschaftsplanung
Folgende Maßnahmen können den Hochwasserschutz unterstützen
(Auswahl, nach UBA):
- Raum beanspruchende (Bau-)Maßnahmen bzw. die Pläne
dazu sollten auf ihre Erforderlichkeit und auf ihre Konsequenzen
für den Anfall von Oberflächenwasser untersucht werden.
Hierbei sollten die im Gesetz zur Umweltverträglichkeitsprüfung
festgeschriebenen Anforderungen gelten. Das umweltpolitische
Mindestziel sollte sein, den gesamten Oberflächenwasserabfluss
nicht zu erhöhen (Verschlechterungsverbot).
- Landwirtschaftliche Flächen sollten durch einen Gewässerrandstreifen
von Gewässern abgegrenzt sein; entsprechende Forderungen
sollten Einzug in landwirtschaftliche Förderprogramme und
Entwicklungskonzepte finden.
- Flächen- und ressourcenschonende Siedlungs- und Bauweisen
sind anzustreben. Die öffentliche Hand hat darauf Einfluss,
u.a. durch
- die Festlegung, welche Nutzungen wo geplant werden bzw.
erlaubt sind
- den Grundstückszuschnitt oder
- Vorgaben zur Bebauung und zum Gebäude.
- Als konkrete praktische Maßnahmen, mit denen die Kommunen
den Oberflächenwasserabfluss reduzieren können, werden
u.a. genannt:
- kompakte Bauweise mit geringem Grundstücksflächenbedarf
- nicht versiegelnde Befestigungen wie z.B. Rasengittersteine
für Parkplätze
- nur so viel Grundstücksfläche überbauen,
dass das gesamte Regenwasser dennoch auf dem Grundstück
versickern kann
- Förderung der Regenwassernutzung und -versickerung
(z.B. auch entsprechende Gestaltung kommunaler Satzungen
- diese be- oder verhindern nämlich in vielen Fällen
die Regenwassernutzung)
- Förderung der Hof-, Dach- und Fassadenbegrünung
(durch Förderprogramme, entsprechende Planungen oder
Verpflichtung der Grundstückseigentümer in den
Bebauungsplänen)
- Versickerung des Oberflächenwassers von wenig benutzten
Straßen neben dem Straßenkörper
- Entsiegelung von Flächen, die nicht (mehr) versiegelt
sein müssen.
- Natürliche Überschwemmungsgebiete sollten von jeglicher
Bebauung und Infrastruktur - auch von Verkehrswegen - freigehalten
werden.
Das planerische und umweltrechtliche Instrumentarium für
einen vorbeugenden Hochwasserschutz ist in der UBA-Studie sehr
detailliert ausgeführt.
Wie reagiert die Politik auf das Hochwasser
2002?
- Als Reaktion auf die Hochwasserkatastrophe des Jahres 2002
will die Bundesregierung eine nationale Flusskonferenz einberufen.
Sie soll sich mit Strategien des Hochwasserschutzes von der
Quelle bis zur Mündung befassen.
(Quelle: http://www.vistaverde.de/news/Politik/0208/21_flusskonferenz.htm)
- 2003 verabschiedete die Bundesregierung ein 5-Punkte-Programm
"Arbeitsschritte zur Verbesserung des vorbeugenden Hochwasserschutzes".
Die Bundesregierung will u.a. gemeinsam mit den Ländern
den Flüssen mehr Raum geben, Hochwasser dezentral zurückhalten
und die Siedlungsentwicklung so steuern, dass künftige
Schäden verringert werden. Die internationale Zusammenarbeit
soll verbessert und der Flussausbau für die Schifffahrt
überprüft werden.
- Im Sommer 2004 beschloss der Bundestag ein neues Hochwasserschutzgesetz.
Ziel ist, den Flüssen mehr Raum zu geben. Dazu müssen
u.a. die Länder Überschwemmungsgebiete festsetzen
- das sind Gebiete, die bei starkem Hochwasser überflutet
werden können und dürfen; in diesen Gebieten dürfen
z.B. keine neuen Baugebiete mehr ausgewiesen werden. In den
Abflussbereichen von Überschwemmungsgebieten wird spätestens
2013 der Ackerbau eingestellt, um Erosionsgefahren zu vermindern.
Unter http://www.bmu.de/gewaesserschutz/downloads/doc/4395.php:
informiert das Bundesumweltministerium über das Hochwasserschutzgesetz,
auch mit Download des Gesetzestextes.
Wie hat die Politik auf frühere Hochwasserkatastrophen
reagiert?
- Aufgrund der "Jahrtausendflut" an der Oder (1997)
wollten Polen, Tschechien, die BRD sowie die Europäische
Union (EU) einen Aktionsplan Hochwasser erstellen. Damit sollte
die Hochwassergefahr an der Oder - primär durch naturnahe
Maßnahmen - verringert werden. Was ist daraus geworden?
Der brandenburgische Umweltminister Matthias Platzeck (SPD)
forderte damals, der Oder künftig wieder mehr Überlauffläche
zu geben. In allen drei Anrainerländern müßten
Stellen gesucht werden, wo Deiche zurückverlegt und Betriebe
aus den Auen herausgenommen werden können. Die WWF-Forderung,
das Oderbruch wieder zum Überflutungsgelände umzufunktionieren,
ging aber auch Platzeck zu weit: Dem Fluß sein altes Bett
im Oderbruch zurückzugeben, komme "wirklich nicht
in die Tüte" (FR, 7.8.97). (Im Zusammenhang mit der
geplanten Ausarbeitung eines Aktionsplans gegen das Oderhochwasser
hat die Bundesreaktorministerin auf die Vorgaben der 6. Novelle
des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) zum naturnahen Hochwasserschutz
hingewiesen:
"In der seit 19. November 1996 geltenden Fassung des WHG
werden Überschwemmungsgebiete an Flüssen zur Pflicht
sowie ihre Festsetzung durch die Länder von Bundesrecht
zwingend vorgegeben. So weit wie möglich sollen dabei ehemalige
Überschwemmungsgebiete wiedergewonnen werden. Erstmals
wird im Wasserhaushaltsgesetz ausdrücklich die Verpflichtung
verankert, Gewässer grundsätzlich in einen naturnahen
Zustand zurückzuführen. In keinem Fall dürfen
durch einen Gewässerausbau die Hochwassergefahren verschärft,
insbesondere natürliche Rückhalteflächen - vor
allem in den Auen - zerstört werden. Die Niederschläge
sollen jedoch schon möglichst in der Fläche zurückgehalten
werden. Daher müssen die Bodenversiegelung begrenzt, die
ortsnahe Rückhaltung und Versickerung von Niederschlagswasser
gefördert und die Überschwemmungsgebiete freigehalten
werden" (PM BMU, 4.8.97). (www.akwasser.de/
Materialsammlung zum Oderhochwasser 1997)
- Nach den Hochwassern des Jahres 1998 verlangte die NRW-Umweltministerien
Bärbel Höhn (wie schon 1995 ihr SPD-Vorgänger
Matthisen), daß die Oberlieger am Rhein endlich ihre Hausaufgaben
machen sollten. Insbesondere mahnte sie den Bau des Hochwasserrückhaltepolders
Trebur in Südhessen an. Dort wehrt sich seit Jahren eine
Bürgerinitiative (BI) gegen den Bau des Polders. Die dortige
BI verweist darauf, daß man 20 Jahre lang erfolgreich
gegen die Ansiedlung von Atomkraftwerken und Raffinerien in
der ehemaligen Rheinaue gekämpft habe. Und jetzt sei man
nicht bereit, das mühsam freigehaltene Terrain im Hochwasser
absaufen zu lassen. (www.akwasser.de/
Materialsammlung zum Hochwasser 1998)
- Jürgen Trittin erwartet, daß der Bund "langfristig"
die Kompetenzen für die Hochwasservorsorge von den Ländern
übernehmen wird. Er kritisierte, die Länder wachten
eifersüchtig über ihre Zuständigkeiten und nähmen
sogar bereitstehende Bundesmittel nicht in Anspruch. Das BMU
würde demnach gerne die gesamten Flußräume unter
Schutz stellen, was aber zu erheblichen Konflikten z.B. mit
Anrainergemeinden, die diese Flächen nutzen (wollen) führen
würde..
(Quelle: www.akwasser.de/
Materialsammlung zum Hochwasser 1998)
Hochwasser und Bundestagswahl
- Einfluss auf politische Stimmung
Bundeskanzler Gerhard Schröder und die SPD profitierten
von ihrem in der Bevölkerung als positiv eingeschätzten
Krisenmanagement. Nach dem aktuellen ZDF-Politbarometer holte
die SPD bei der »Sonntagsfrage« mit 38 Prozent um
2 Prozentpunkte auf und lag nur noch leicht hinter der Union,
die auf 39 Prozent kam (minus 2 Punkte).
(www.stern.de/,
25.8.2002)
- Andere Akzente setzen einige Politiker von SPD, Union, FDP
und Grünen: Sie fordern die Einstellung des Wahlkampfes,
um Kosten zu sparen und das Geld den Opfern der Hochwasser-Katastrophe
zu spenden. Der NDR zitiert hierzu den sächsischen SPD-Bundestagsabgeordnete
Richard Schuhmann, den CSU-Abgeordneten Benno Zierer und den
brandenburgischen FDP-Bundestagsabgeordneten Jürgen Türk.
(Quelle: http://www.ndr.de/ndr/regional/20020814/hochwasser/wahlkampf_aussetzen.html
- Link leider nicht mehr aktiv)
Fragen und Aufgaben für
die Umweltbildung
- Meinungsbildung zu den verschiedenen Strategien eines Hochwasserschutzes.
Z.B.: Was spricht dafür, was spricht dagegen, eine von
der Flut zerstörte Siedlung wieder aufzubauen?
- Welche Lösungsvorschläge, Forderungen, politischen
Aussagen kamen nach Hochwasserereignissen der vergangenen Jahre
auf die Tagesordnung? Wer hat sich wie positioniert (z.B. Umweltministerium,
Politiker, Wirtschaftsverbände, Umweltverbände - auf
Bundes- oder Landesebene)? Was ist aus diesen Aussagen geworden?
Wo lässt sich eine praktische Wirksamkeit feststellen?
- Die gleichen Fragen können für die aktuelle Hochwasserkatastrophe
gestellt werden.
Handlungsoptionen
für Schulen
- Schulen können an der gesellschaftlich notwendigen Meinungsbildung
mitwirken, indem sie sich zunächst intern - z.B. im Rahmen
von Projekten - sachkundig machen und dann auch öffentlich
- z.B. in Form von Leserbriefen, Ausstellungen oder Veranstaltungen
- Position beziehen.
- Schulen im Alpenraum können sich an der WWF-Kampagne
Free Your River beteiligen.
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